
Tipps für eine Fernbeziehung – Die zwei persönlichen „Geheimnisse“ unserer glücklichen Fernbeziehung

Laura pendelt mit ihrer Familie zwischen Kenia, Deutschland und der Welt. Sie glaubt fest daran, dass Achtsamkeit und Ehrlichkeit gegenüber eigenen Vorurteilen die Reiseerfahrung vertiefen. Auf mind-set-travel.com inspiriert sie mit ihren authentischen Reisegeschichten zum verantwortungsvollen Reisen. Außerdem ist sie auf Facebook und bei Instagram zu finden.
Wir saßen zu dritt vor der Power Point Präsentation: David und ich aus Deutschland und Michael, ein Mitarbeiter der kenianischen Freiwilligenorganisation. Michael zeigte uns gerade die Folie mit den Do’s and Don’ts.
„Und solltet ihr euch hier verlieben und einen Freund oder eine Freundin finden,“ schloss er ab, „Übertreibt es nicht mit den Liebesbeweisen in der Öffentlichkeit.“
Ich dachte: Das ist für mich irrelevant. Eine Beziehung auf Reisen beginnen? Kommt nicht infrage!
Aus einer Urlaubsliebe wird eine Fernbeziehung
Fünf Monate später habe ich einen Ring am Finger. Er symbolisiert das Versprechen, das ich Antony gegeben habe. Dass wir uns wiedersehen werden. Dass wir zusammengehören. Und dass wir diese Reiseliebe, diese Urlaubsbekanntschaft, irgendwie in eine funktionierende Fernbeziehung umwandeln müssen.
Denn am nächsten Morgen fliege ich tränenüberströmt nach Deutschland zurück. Nach fünf Monaten Freiwilligenarbeit in Kenia, bei der ich Antony kennenlernen durfte.
Freiwilligendienst: Windeln wechseln!
Doch wie kam das alles überhaupt zustande? Ungefähr so:
Über die deutsche Organisation ijgd kam ich nach dem Abi zur kenianischen NGO CIVS. Ich nahm mir diese Auszeit bewusst und wollte günstig und nah an der lokalen Kultur reisen. Dazu eignet sich ein Freiwilligendienst super, auch wenn ich dem Thema inzwischen, nach so vielen Jahren, eher kritisch begegne.
Damals kam ich aus dem Gymnasium in ein Kinderheim und konnte aber noch nicht einmal Windeln wechseln. Alles musste ich erst vor Ort lernen und eine große Hilfe war ich sicher nicht. Darum war ich froh, als mir Michael von CIVS den Vorschlag machte, an einem vierwöchigen Work Camp auf dem Land teilzunehmen.
Eine Frauengruppe würde ein Hühnerhaus bauen und viele internationale Freiwillige konnten mitbauen, vor Ort wohnen, essen und mal eine andere Seite des Landes kennenlernen.
So haben wir uns kennengelernt
Auch Antony war Freiwilliger in diesem Work Camp. Denn es waren natürlich nicht nur Europäer, Amerikaner und Asiaten, die bei Hausbau und Landwirtschaft mit anpackten, sondern auch Afrikaner. In solchen Camps geht es vor allem um den kulturellen Austausch. Darum helfen auch immer einige lokale Freiwillige mit.
Antony und ich verstanden uns auf Anhieb gut und bewunderten uns gegenseitig. Relativ schnell lud er mich ein, mit zu seiner Familie aufs Land zu kommen, um auch mal einen Eindruck vom Westen des Landes beim Lake Victoria zu bekommen. Ich versprach ihm, zurück in Deutschland alle Hebel in Bewegung zu setzen, um auch ihm einmal eine Deutschlandreise zu ermöglichen. Da waren wir noch gar nicht zusammen!
Gegenseitige Bewunderung
Und so verbrachten wir immer mal wieder ein Wochenende zusammen. Ich arbeitete weiterhin freiwillig im Regenwald. Er half zu Hause bei der Landwirtschaft und begann, seine Zusammenarbeit mit CIVS zu verstärken. Mal besuchte ich ihn, mal er mich. Er bewunderte meine Art, mich in die Kultur vor Ort einzuleben.
Ich war beeindruckt davon, wie radikal gut und hilfsbereit er war, zu allen Menschen und in allen Situationen. Und dann irritierte er mich völlig, indem er einmal eines unserer Telefonate mit „I love you.“ beendete. Hä? Was sollte das denn? Und wo sollte das hinführen?
Am Fluss legten wir die Basis für unsere Beziehung
Ich schrieb einen langen Brief an meine Freundin über meine Verwirrung und Unsicherheit. Und während ich so schrieb, beschloss ich, es zu riskieren. Mit einem Mann aus einer völlig anderen Kultur eine Beziehung auf Distanz einzugehen, auch wenn niemand von uns wissen konnte, wie das klappen sollte und wohin das führen wird.
Am nächsten Wochenende nahm er mich mit zum River Nzoia, inzwischen „unser“ Fluss. Wir sprachen uns aus und versprachen uns, es nicht nur zu versuchen, sondern wirklich für uns zu kämpfen. Weil uns der jeweils andere inzwischen so viel Wert war. Und weil wir uns gut vorstellen konnten, dass es nicht einfach werden würde.
Alleine reisen trotz Beziehung? Ja bitte!
Zeitsprung. Zurück an den frühen Morgen, an dem mein Flug zurück nach Deutschland geht. Mittlerweile sind wir tatsächlich verlobt. Unsere persönlichen Reisen gehen allerdings weiter. Tausende Kilometer getrennt voneinander. Ich möchte mit dem Fahrrad durch Deutschland bis nach Schweden fahren und unterwegs Geld für ein kenianisches Projekt sammeln.
Antony will das Angebot der Freiwilligenorgansation annehmen und deren kommende Work Camps leiten. Wir wissen nicht, wann wir uns wiedersehen und wie das alles klappen soll mit dieser internationalen Fernbeziehung über zwei Kontinente hinweg.
Aber die billigen Hornringe an unseren Fingern aus einem Touristenshop erinnern uns an unser Versprechen, für uns und füreinander zu kämpfen.
Sehnsucht: Lohnt sich diese Fernbeziehung?
Der Kampf beginnt. Die schwerste Zeit kommt jetzt. Allein mit dem Fahrrad, irgendwo in Deutschland, frage ich mich, warum ich mir das antue. Ich bin hin- und hergerissen zwischen der Euphorie des Reisens und dem schmerzlichen Gefühl der Sehnsucht.
Lohnt sich dieses ständige Vermissen? Könnte ich mit mir selbst glücklicher sein, wenn Antony nicht immer präsent wäre? Kann eine Fernbeziehung über Länder, Kontinente und Kulturen hinweg überhaupt funktionieren?
Pärchenurlaub in Deutschland
Sie kann! An Weihnachten sehen wir uns endlich wieder. Wochenlang haben wir uns um alle Formalitäten gekümmert. Ich stehe am Flughafen – und Antony steigt nicht aus dem Flugzeug. Es ist sein erster Flug. Ich habe Bedenken wegen seines Visums. Irgendwann stellt sich aber heraus, dass sich der Flug sehr verspätet hat.
In Begleitung eines Polizisten kommt Antony endlich breit grinsend durch die Milchglastür. Der Beamte überprüft, ob mein Verlobter auch wirklich abgeholt wird, da er kein Wort Deutsch spricht und auch keinen Eurocent nachweisen kann. Ich habe alle Papiere dabei und wir können endlich nach Hause zu meiner Familie fahren.
Fernbeziehungs-Tipp Nr. 1: Die Freiheit des Anderen
Und so geht das von nun an einige Jahre. Unsere Beziehung festigt sich. Mal reise ich nach Kenia, mal kommt Antony nach Deutschland. Doch es bleibt eine Fernbeziehung. Deshalb ist das erste „Geheimnis“ unserer glücklichen Beziehung:
Jeder macht sein’s. Ohne den anderen tausende Kilometer entfernt irgendwie einschränken zu wollen!
Ich beginne ein Studium in Leipzig, Antony in Nairobi. Wir machen beide genau das, was wir machen wollen, unabhängig voneinander, und an dem Ort, den wir uns jeweils dafür ausgesucht haben. Mein Pflichtpraktikum mache ich bei einer Organisation in Nairobi, während Antony weiter studiert. Aber ich weiß, dass ich wieder nach Europa zurückkehren will, um meinen Master zu machen.
Unsere kleine interkulturelle Hochzeit
Aber erst mal heiraten wir in Nairobi im kleinen Rahmen. Unsere Familien sind überrascht, wie klein der Rahmen tatsächlich ist: Wir machen ein Picknick im Park, und jeder bringt statt Geschenke etwas zum Essen mit. Wir sind Studenten, wir sind Reisende, wir brauchen nicht viel.
Zumindest haben wir jetzt ein offizielles Papier, dass unsere Liebe „legalisiert“ und uns eventuell besser vor missbilligenden Blicken in der Botschaft schützen sollte. Trotzdem kann ich bis heute das Herzklopfen am Schalter der Passkontrolle nie ganz abschalten. Mit meinem deutschen Pass ist für mich vieles einfacher als für Antony mit seinem kenianischen.
Fernbeziehung trotz Hochzeit
Auch als standesamtlich Verheiratete trennen wir uns erneut. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, meinen Master in Kenia zu machen. Doch ich weiß, dass meine Erwartungen dort nicht erfüllt werden.
Ich wäre enttäuscht und würde vielleicht hinterher das Gefühl haben, etwas verpasst zu haben. Also verbringe ich noch ein sehr erfüllendes Jahr in Schweden und komme dann endlich auf unbestimmte Zeit zurück nach Kenia, um auf Antonys Abschluss zu warten.
Die Reise geht weiter: als Familie
Seitdem wurde aus unserer Fernbeziehung endlich eine Beziehung, eine Ehe. Wir haben zwei Kinder und leben derzeit mal wieder in Deutschland. Wir machen aber hin und wieder Abstecher nach Kenia und in den Rest der Welt.
Außerdem spielen wir mit dem Gedanken, vor Beginn der Schulpflicht nochmal eine große, lange Reise zu unternehmen. Wir wollen uns in ein paar Jahren auch fest irgendwo niederlassen, aber der Ort dafür steht noch in den Sternen.
Eine Fernbeziehung stärkt die Liebe!
Nach wie vor macht jeder sein’s. Antony möchte unbedingt in Deutschland arbeiten. Ich möchte unbedingt meine Webseite ausbauen. Wir versuchen uns gegenseitig so viel Raum und Unterstützung zu geben, wie wir brauchen.
Wir wissen die Zeit, die wir jeden Tag, jede Woche und jedes Jahr zusammen verbringen dürfen, einfach sehr zu schätzen! Immerhin haben wir ja auch die andere Seite kennengelernt und kennen das Gefühl, wenn man sich mal monate- oder jahrelang nicht sieht.
Fernbeziehungs-Tipp Nr. 2: Kommunikation!
Unser zweites „Geheimnis“, das uns geholfen hat, aus unserer Urlaubsliebe eine funktionierende Fernbeziehung, dann ein Zusammenleben und schließlich eine Ehe und eine Familie zu machen, ist die gute alte Kommunikation.
Ich bin schlecht darin, Probleme anzusprechen, aber diese erlernbare Fähigkeit ist essentiell für eine Beziehung. Vor allem für eine interkulturelle wie unsere. Ich habe gelernt, meine Bedürfnisse erst mal zu erforschen und dann auch zu äußern.
Ich habe sehr schnell aufgehört zu glauben, Antony könnte mir jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Genauso bin ich immer dankbar, wenn er mir sagt, was er braucht und was er gerade möchte.
Mittlerweile tauschen wir uns regelmäßig aus und nehmen uns ganz bewusst Zeit für den anderen. Außerdem respektieren wir die Wünsche des Partners und helfen uns gegenseitig sie zu erfüllen.
So wurde aus unserer Reisebekanntschaft und Fernbeziehung eine glückliche interkulturelle Ehe!
Übrigens: Lauras nächste Reise führt sie in das winterliche Japan, mit der ganzen Familie. Inklusive zwei Kinder und drei Geschwister. Sie haben dazu eine coole und witzige Crowdfunding-Kampagne auf fundmytravel.com gestartet. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, schaut doch mal vorbei: Familien-Japan-Reise
Habt ihr selbst schon mal eine Fernbeziehung geführt? Wenn ja, was sind eure Tipps für eine erfolgreiche Fernbeziehung? Erzählt uns doch ein bisschen davon in den Kommentaren! Wir sind sehr gespannt darauf!
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Hallo, ich heiße Stefanie (32, aus Deutschland). Ich stehe noch relativ am Anfang einer Fernbeziehung. Mein Partner ist afrikanischer Herkunft. Für mich ist das alles Neuland. Fernbeziehung, eine andere Kultur etc. Aber ich liebe meinen Partner und er liebt mich. Das Schwierige an allem ist jetzt wohl die Coronakrise, weil man nicht weiß, was wie weitergeht. Ich bin gespannt, nervös, aber trotz alledem positiv gestimmt, was die Zukunft angeht. Ich danke euch für eure Tips zum Thema Fernbeziehung und wünsche euch alles erdenklich Gute weiterhin Liebe Grüße Stefanie
Liebe Stefanie, das ist jetzt natürlich nochmal extra schwierig in dieser Ausnahmesituation. Ich hoffe zumindest, dass ihr euch wenigstens regelmäßig austauschen könnt. Was bringt dich gut durch diese Zeit? Die Erinnerung an geteilte Momente? Oder vielleicht nutzt du die gewonnene Zeit für dich selbst, um dann, wenn man endlich wieder reisen darf, voll für eure Beziehung da zu sein? Alles Liebe und Gute euch!