Nadja & Hendrik – Fliegen, auswandern und besonders Reisen
Heute starten wir mit etwas ganz Besonderem und zwar mit einer großen Interviewreihe! Das Hauptthema natürlich: Reisen als Paar. Wir haben uns die letzten Wochen einige Leser, Freunde und auch andere Reise-Blogger zur Brust genommen und mal ein bisschen auf den Zahn gefühlt.
Ihr werdet in den Interviews sowohl Reise-Tipps, Beziehungs-Ratschläge für eine Reise und natürlich auch jede Menge persönliche Geschichten hören. Den Start diese Wochen machen Nadja und Hendrik. Los geht’s!
Hallo Nadja und hallo Hendrik! Vielen Dank an euch beide das ihr Lust hattet ein paar Fragen für uns zu beantworten. Wie bei jedem Interview die gleichen Anfangsfragen: Wer seid ihr, wo kommt ihr her und vor allem interessiert uns auch wie lange ihr schon miteinander verreist.
Nadja: Hendrik und ich haben uns 2008 in Berlin kennengelernt. Wir kommen jedoch beide ursprünglich aus der Nähe von Stuttgart und sind praktisch 25km getrennt voneinander aufgewachsen. Uns beide hatte es beruflich nach Berlin verschlagen, wo aus uns dann ein “wir” wurde.
Unsere erste gemeinsame Reise machten wir Ostern 2009. Ich hatte eine Reise nach Polen geplant und Hendrik kam nach. Es war ein sehr romantisches Wiedersehen morgens um 5 Uhr auf einem Bahnsteig in Breslau. Seitdem verreisen wir nur noch gemeinsam. Wenn es uns möglich ist, machen wir sogar geschäftliche Trips gemeinsam. Der eine arbeitet, der andere erkundet die Gegend. Haben wir erst kürzlich in Seattle so gemacht.
Hört sich nach einer super Kombination zwischen Reisen und Arbeiten an!
Wie war denn eure erste gemeinsame und etwas längere Reise? War es am Anfang ungewöhnlich für euch plötzlich rund um die Uhr zusammen zu sein oder hat euch das eher weniger Probleme bereitet?
Nadja: Für uns war das 2011 eine fast 4-wöchige Rundreise durch Frankreich. Ungewöhnlich war das 24/7 Zusammensein für uns überhaupt nicht. Wir arbeiteten und lebten gemeinsam und es war eher komisch, wenn wir einmal nicht zusammen waren. Dennoch ist man auf einer Reise natürlich ganz anderen Bedingungen ausgesetzt.
Unser beider Französisch war oder ist eher desolat, was es teilweise recht witzig machte, weil jeder etwas anderes verstand. Dennoch ist man sich auf einer Reise immer näher, als im Alltag. Daheim habe ich mein Bad für mich. Auf Reisen habe ich manchmal noch nicht einmal ein Bad. Geheimnisse bleiben da keine übrig. Aber das ist auch gut so.
Hendrik: Was ja auch gut so ist. Spätestens wenn die ersten Probleme auftauchen, weiß man, wie der andere wirklich reagiert. Wir alle halten uns gerne für entspannt und pragmatisch. Die Realität sieht jedoch häufig ganz anders aus, wenn man dann mal wirklich super genervt am Straßenrand steht und die Sonne langsam im Niemandsland untergeht… Aber so lernt man sich kennen.
Eine Frage die wir eigentlich fast jedem reisenden Paar in unseren Interviews stellen und die in unseren Augen auch sehr wichtig ist: Wie geht ihr damit um wenn ihr euch auf einer Reise mal richtig in die Haare bekommt? Habt ihr einen guten Tipp für unsere Leser auf Lager?
Nadja: Das ist gar nicht so leicht. Wer Zuhause schon nicht “gesund” streitet, macht es auf Reisen gleich dreimal nicht. Wichtig finde ich, mal Fünfe gerade sein zu lassen. Wir waren 2015 in Heathrow und vor uns streitete sich ein deutsches Pärchen – lautstark.
Dabei kam dann immer dieses “Immer das gleiche! Das hat schon damals nicht geklappt.” Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wer wem was vorwarf. Aber es war eine ewige Spirale aus der Vergangenheit, wo dem anderen längst vergangene Situationen erneut vorgehalten wurden. Das kann in keinem Fall funktionieren.
Hendrik: Genau. Natürlich haben wir auch gerne unsere Themen, die sich auch wiederholen. Aber das gehört zu einem Paar dazu. Man muss auch über diese Form der Routine lachen können. Wir kennen uns eben auch sehr gut, mit allen Ecken und Kanten.
Klar ist man manchmal genervt, aber meist liegt das doch an den Umständen und nicht am Partner. Uns hilft es dann am besten, pragmatisch die Situation abzuwägen. Am Ende beißt man eben in den einen oder anderen sauren Apfel und fertig. Am Ende überwiegt dann doch die gemeinsame Neugierde und Freude auf das Neue.
Eine tolle Antwort die durchaus hilfreich ist!
Doch jetzt zu was ganz Speziellem. Hendrik du hast ja ein unglaubliches Hobby, das man so nicht jeden Tag liest! Erzähl uns doch mal ein bisschen was davon.
Hendrik: Mein Hobby ist Fliegen. In Deutschland ist das in der Tat eher ungewöhnlich, in den USA wo wir nun leben ist das ein durchaus übliches Hobby, was es auch einfacher macht Gleichgesinnte zu finden. Die Infrastruktur ist besser: deutlich mehr kleine Flugplätze, die Fluglotsen sind „kleine Flieger“ gewöhnt, etc. Fliegen macht mir natürlich einfach Spaß, ist aber auch eine fantastische Art zu reisen – gerade in großen Ländern wie den USA.
Unglaublich toll und beachtenswert! Wo seid ihr dann bist jetzt gemeinsam im Ausland geflogen und wie war das für euch?
Hendrik: Wir haben 2013 in Nord-Florida Urlaub gemacht und einen Tagesausflug nach Cape Canaveral gemacht. Im Jahr 2014 haben wir an der Westküste (Kalifornien, Oregon, Idaho, Utah, Arizona, Nevada, Kalifornien) eine Rundreise gemacht. Aus der Vogelperspektive hat man durchaus interessante Blickwinkel, die man sonst nicht zu Gesicht bekommt. Highlights dabei waren die halb in Nebel eingehüllte Golden Gate Bridge, den Salt Lake sowie die Canyonlands in der Moab Desert in Utah und natürlich den Grand Canyon von oben zu sehen.
Nadja: Ich war ja vom Salt Lake völlig fasziniert. Mit einem Auto wären wir dort nie hingekommen. Da ich “nur” Passagier bin, komme ich in den vollen Genuss der Aussicht.
Wow, geniale Bilder. Danke für die Gänsehaut!
Ihr habt uns ja erzählt, dass ihr schon das ein oder andere mal auf einer Reise auch ein klein wenig Pech hattet. Was ist denn alles passiert?
Nadja: Was wirklich am schlimmsten war, war Brüssel. Am Hotel angekommen, kurz rein um nach dem Parkplatz zu fragen, wieder raus zum Wagen. Aufgebrochen. Alle Koffer geklaut. Das schlimmste daran war, es war vor Weihnachten und sollte eine vorgelagerte Weihnachtsreise sein. Ich hatte bereits alle Geschenke für Freunde und Familie im Koffer dabei. Alles weg…. Leider auch Bankkarten, etc. und es war Freitagnacht.
Im heute so berühmt berüchtigten Stadtteil Molenbeek hatte mir der Hotelbarkeeper unter der Hand eine neue Autoscheibe organisiert, die mir auch für einen Spottpreis eingebaut wurde.
„Nie vergesse ich die Anweisung, den Blick gesenkt und den Mund geschlossen zu halten. Einmal weil man nicht hören sollte, dass ich Tourist war, aber zum anderen, weil ich eine Frau bin. Es ging letztendlich alles glatt.“
Hendrik: Stimmt. So ist es ja meistens, wenn man richtig Pech hat. Als uns damals auf Korsika der Reifen platzte war es auch echt ätzend fast 5 Stunden auf den Abschlepper zu warten. Die sengende Hitze zu Beginn und die untergehende Sonne am Ende machte die Situation nicht gerade besser, oder der am Auto herumstreunende Hund. Aber mit genügend Abstand kann man lachen und hat was zu erzählen.
Oh Gott, das mit dem Einbruch ist ja eine richtig krasse Story. Ich glaube da hätte es bei uns alle Sicherungen rausgehauen.
Erzählt uns doch mal von eurer doch besonderen Art zu Reisen und was das Reisen für euch beide bedeutet.
Nadja: Ja, das habe ich mit in die Beziehung gebracht. Mich regen diese “Stempel-Touristen” auf, die meinen, nur weil sie einen Einreisestempel im Pass haben, für ein komplettes Land sprechen zu können. Für mich sind das zum Beispiel Touris, die 2 Wochen lang am Ballermann waren und über die Balearen “an sich” oder am besten gleich für ganz Spanien sprechen. Ich bin davon schon immer abgenervt gewesen.
Früh habe ich begonnen, wenn ich eine Reise plante, eine Route zu erstellen, die durch das gesamte Land geht. Also auch wirklich alle Kantone, Bundesländer, Provinzen, etc. Wenn ich sage, wir waren in der Schweiz, meine ich nicht nur Zürich und Bern sondern wirklich alle Kantone. Wir haben uns das Land einmal angeschaut und bereist.
Dadurch dauert so eine Tour schon ziemlich lange und wir reißen ordentlich Kilometer runter. Aber dadurch sehen wir auch viel und treffen Leute. Die Ziele hierbei fallen individuell aus. Mal sind es Wallfahrtsorte (Lourdes, Fatima…) oder historische, zeitgeschichtliche Gebäude (Stabkirche Heddal oder Engelsburg), natürlich auch landschaftliche Ziele, wie Fjorde oder Naturparks.
Es ist eigentlich für jeden von uns immer was dabei. Dabei geht es mir nicht nur darum, dass es uns gefällt, sondern auch, dass wir uns ein relativ vollständiges Bild von dem Land machen können. Jeder Deutsche kann nachvollziehen, wenn ich sage, ein Besucher, der 3 Tage in Berlin und dann noch 2 Nächte auf dem Oktoberfest war hat keine Ahnung von Deutschland.
Genau das versuche ich auf unseren Reisen zu umgehen. Ich versuche auch immer vor Ort Kontakt zu Einheimischen aufzubauen. Wenn wir dann erzählen, wo wir überall in deren Land schon waren, hören wir relativ häufig, dass wir bereits mehr von deren Heimat gesehen haben, als sie selbst. Das ist nicht das schlechteste Gefühl.
Eine tolle und sehr inspirierende Art zu Reisen. Wenn das mehr Leute so machen würden wie ihr, würde man über viele Länder und Orte auch bestimmt ganz anders und positiver denken!
Ihr seid ja beide bereits verheiratet. Erzählt uns doch mal wo und wie ihr ihr geheiratet habt. Wäre eine zweite Heirat im Ausland außerdem denkbar für euch und habt ihr dabei ein Traumziel?
Hendrik: Wir haben 2012 in Berlin Köpenick geheiratet. Berlin hatte uns zusammen gebracht und wir beide sehen die Stadt als unsere Heimat an. In Köpenick sind wir direkt auf ein Schiff, mit dem wir einmal durch Berlin zum Wannsee schipperten, um den Tag bei “Wannsee in Flammen” mit einem gigantischen Feuerwerk auf dem See ausklingen zu lassen.
Nadja: Eine Hochzeit im Ausland wäre eventuell noch mal etwas, das wir für uns beide vielleicht nochmal machen. Jedoch können und wollten wir unseren Familien und Freunden keine weite Anreise zumuten und würden diese Zeremonie dann nur für uns beide machen. Für mich wäre es jedoch weniger die Traumhochzeit am Strand. Ich fände Las Vegas total witzig. Würde natürlich auch passen, im Land, in dem wir nun leben, unser Gelübde zu wiederholen. Aber das ist tatsächlich kein Traum oder Wunsch von uns und wäre eher just for fun.
Wenn ihr eure letzte Reise mit drei Wörtern beschreiben müsstet, welche würden das sein?
Nadja: Puh…. Unsere letzte Reise ging nach Kuba.
Hendrik: Wir hatten wirklich viel Pech. Daher… anstrengend, etwas beschämend und dennoch Wow zur wunderschönen Natur und Landschaft.
Nadja: Diese Reise nach Kuba war schon ein ziemliches Wechselbad der Gefühle. Anstrengend, weil wir wirklich einmal von West nach Ost und Süd nach Nord sind. Das sind auf den schlechten Straßen und Pisten schon Tagesstrecken von teilweise 12 Stunden. Dann hat man ziemliche Temperaturunterschiede, was zusätzlich zu schaffen machen kann.
Beschämend… Hier kommen wir wieder auf die von uns betitelten “Stempel-Touristen” zurück. Sie gehen heim, erzählen jedem, dass sie auf Kuba waren und wie schön und billig dort ja alles ist. Man leistet sich Zigarren und Rum für fast 1000 EUR, kann aber dem Busfahrer, der 15 Tage lang für unsere Gesundheit verantwortlich war, keine 20 EUR Trinkgeld geben.
Es war unser erstes Mal, dass wir in einer kleinen Gruppe verreisten. Schon nach wenigen Tagen haben wir das bitter bereut. Unsere Meinungen gingen von den anderen so weit auseinander, dass es für uns kein Vergnügen mehr war. Wir wollten das Land und die Leute sehen, die Diktatur verstehen und waren mit Menschen unterwegs, die lieber an der Hotelbar saßen und die Armut der Menschen um sich herum als romantisch empfanden.
Dennoch ist Kuba eine wunderschöne Insel. Die Natur faszinierte uns und vor allem der ursprüngliche Dschungel im Osten ist jede Strapaze wert gewesen!
Ist nicht das erste Mal das wir über Kuba sehr zwiegespaltene Dinge hören. Wir wollen aber trotzdem noch an diesen Fleck Erde und ihn genau so kennen lernen wie ihr es getan habt!
Wohin ging denn bis jetzt eure längste gemeinsame Reise und wie lange hat sie gedauert? Und natürlich das Wichtigste: Hat es euch gefallen?
Hendrik: Ich würde fast sagen, unsere Auswanderung, die wir im September 2015 nach Kalifornien begannen, ist unsere längste Reise. Klar haben wir eine Wohnung, Job, Auto. Aber es ist einfach noch immer was neues. Es ist unendlich spannend, die Alltagssituationen neu zu erleben. Welcher Tourist muss schon ein Scheckbuch beantragen oder eine Steuererklärung ausfüllen.
Nadja: Ja, das sehe ich auch so. Wir sind hier zwar “Zuhause”. Aber es ist noch lange nicht wie in Deutschland, wo wir das System vollständig verstanden haben. Es ist eine ganz andere Form von “Reise”, aber auch ein neues Abenteuer. Außerdem stellt es an uns als Paar auch ganz andere Herausforderungen. Es ist nicht immer ein Spaziergang! Aber wir sind ein gutes Team.
Zudem sind wir hier natürlich auch viel mehr unterwegs, als wenn wir jetzt schon 10 Jahre hier leben würden. Fast jede Woche mache ich eine größere Wanderung und erkunde die Natur und Landschaft. Wir machen gemeinsame Wochenend-Trips und erkunden die Gegend oder auch das Land. Das ist einfach klasse!
Einen tollen Schritt den ihr da gemacht habt! Da müssen wir ja fast mal auf Besuch vorbeikommen. ;)
Zum Schluss noch eine letzte Frage: Könnt ihr unseren Lesen und uns einen oder auch mehrere romantische Orte nennen, die man als Paar unbedingt zusammen gesehen haben muss?
Nadja: Nein. Hier sind wir jetzt egoistisch, denn romantisch ist es meist nur, wenn keine anderen Leute da sind. Der Eiffelturm war vielleicht mal romantisch, aber wenn man heute nur noch stundenlang anstehen muss und rumgeschubst wird… Es gibt haufenweise wunderschöne romantische Orte. Strände, schneebedeckte Berge, ein See… Aber am besten sind diese Plätze, wenn man mit seinem Schatz alleine ist. Daher… kein Kommentar ;-)
Das ist euer gutes Recht und können wir voll und ganz nachvollziehen! :)
Danke für euer sehr ausführliches und absolut inspirierendes Interview. Von euch kann man definitiv noch eine Menge lernen! Wollt ihr noch ein paar letzte Worte los werden?
Nadja: Vielen Dank, dass wir mitmachen durften! Egal wie jeder gerne für sich reist, man sollte stets was neues ausprobieren und die Welt erkunden. Egal wie! Wir waren oft so überrascht von der Schönheit unserer Erde! Meist sind es die kleinen Momente, an die wir gerne zurückdenken und die man im Arbeitsalltag einfach nicht gemeinsam hat.
Wir erwischen uns auf Reisen, wie der eine gerade den Gedanken des anderen laut ausspricht oder der eine genau weiß, was der andere gleich sagen wird und wir gemeinsam darüber lachen. Das sind die schönsten Pärchen-Momente auf unseren Reisen rund um den Globus.
Wunderschöne letzte Worte und euch weiterhin noch eine gute Zeit in Florida!
Schaut doch außerdem mal auf dem Reiseblog der beiden vorbei: Far away for 2, please!
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